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Presseauszüge
1. Halbjahr 2000 |
2007-heute
2002-2006
2001
2. Halbjahr 2000
historisch |
Eßlinger
Zeitung
30.06.2000
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Schiebel mag dem Beispiel aus Lausanne vorerst
nicht folgen
ESSLINGEN: "Neue Busse zu teuer und
unausgereift" - Finanzbürgermeister betont aber Offenheit für neue
technische Entwicklungen
(san) - Der Busverkehr besitzt in Esslingen
einen hohen Stellenwert: Busse übernehmen 15 Prozent des öffentlichen
Nahverkehrs. In der Region wird dieser Anteil nur von Stuttgart
übertroffen.
Vor dem Hintergrund des jüngsten
Gemeinderatsbeschlusses über die Zukunft der Duo- und Obusse sowie der
laufenden Umwelttage lud der Arbeitskreis Umwelt der SPD zu einer
Diskussionsrunde ein und stellte die Frage: "Busse der Zukunft für
Esslingen?" Wie die EZ berichtete, will die Stadt in den nächsten
Jahren nur noch Diesel- und Oberleitungsbusse kaufen. Gleichzeitig sollen
die so genannten Duo-Busse, die mit Kraftstoff und Strom fahren können,
schrittweise abgeschafft werden. "Das hohe Defizit des
Verkehrsbetriebes in Höhe von neun Millionen Mark rührt zu einem
Großteil vom Duo-Busbetrieb", berichtete Bertram Schiebel,
Finanzbürgermeister und Dezernent für den SVE. Denn die Duo-Busse seien
sehr wartungsintensiv und stünden deshalb oft in der Werkstatt. Zudem
laufen die Verträge mit dem Bund, der den Strom-Diesel-Bus gefördert
hatte, bis zum Jahr 2003 aus. Mittlerweile hat die Stadt neun nagelneue
O-Busse und fünf Dieselbusse bestellt.
"Wie soll das neue Buskonzept für
Esslingen aussehen?", fragte Moderator Gunther Claus vom Arbeitskreis
Umwelt der SPD seinen Gast, Stefan Eggers von der Busherstellerfirma
Neoplan-Gottlob Auwärter GmbH & Co. KG Stuttgart. Der setzte klar auf
einen "Hybrid-Trolley-Gelenkbus": Dieses Fahrzeug ist ebenso wie
der Esslinger Duo-Bus wahlweise mit Strom oder Diesel fahrbar. Jedoch
würde die Spurführung bei Strombetrieb über einen Kabelkanal erfolgen,
der in die Straße eingelassen wird. "Um das Tempo voll
auszuschöpfen, wäre dann eine eigene Busspur von Vorteil",
erklärte Eggers. In Lausanne habe sich der neue Bus so gut bewährt, dass
bei Neoplan nun 28 Hybrid-Busse in Auftrag gegeben worden sind. Das 19
Tonnen schwere Gefährt sei wegen der Spurführung schnell und pünktlich
und meistere Steigungen bis zu 16 Prozent mit Bravour, nannte Eggers die
Vorteile. Zudem funktioniere die Lenkung computergesteuert und der
Wendekreis sei mit 21 Metern extrem klein. Anderthalb Millionen Schweizer
Franken haben die Lausanner pro Bus bezahlt. Hinzu kommen 250000 Mark für
jeden Kilometer Kabelkanal. "Das System ist von der Idee her gut.
Jedoch halte ich es noch für zu teuer und technisch unausgereift",
lehnte Bürgermeister Schiebel das Konzept ab. Außerdem wäre in
Esslingen für solche Hybrid-Busse kein Platz: "In der Stadt ist es
für eine Extraspur zu eng. Wir könnten nur auf dem Zollberg, wo momentan
noch die Duo-Busse fahren, dieses System nutzen. Und das beträfe gerade
mal eine Strecke von etwa einem Kilometer Länge", begründete er
seine Ablehnung. Dennoch wolle er die Entwicklung beobachten.
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Stuttgarter
Zeitung
28.06.2000
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Der Esslinger Obus behauptet sich gegen die
Dieselkonkurrenz
ESSLINGEN. Er stinkt nicht, fährt leise
und gilt als zuverlässiges Verkehrsmittel: der Oberleitungsbus, vulgo
Obus, rollt seit Jahrzehnten auf Esslingens Straßen. Der Gemeinderat ist
einhellig dafür, dass der Elektroantriebler nicht aus dem Stadtbild
verschwindet.
Von Helmar M. Heger
Über neun Millionen Mark Verlust hat der
Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) im Jahr 1998 eingefahren.
Straffes Kostenmanagement und neu mit privaten Busunternehmen
ausgehandelte Verträge sollen die Verluste mindern.Vom Tritt auf die
Defizitbremse ist auch der Duo-Bus-Betrieb betroffen. Die praktische
Erprobung dieser "Zwitter'' - sie können wahlweise mit Elektro- oder
Dieselantrieb fahren - im Rahmen eines Forschungsvorhabens sollte die
Wirtschaftlichkeit und technische Reife beurteilen helfen. Der
Duo-Bus-Referenzbetrieb auf den Strecken des SVE hat die mit diesem System
verknüpften Erwartungen nur teilweise erfüllt. Die Fahrzeuge seien für
den SVE "zu kostenintensiv und zu teuer'', merkt die Werksleitung an.
Sie will den Duo-Bus-Betrieb auslaufen lassen und stattdessen auf ein
Mischkonzept "mit reinen Obussen und Dieselbussen'' setzen.
Die Pläne sind im Esslinger Gemeinderat
einstimmig gebilligt worden. Das Festhalten am Obus hat wenig mit
nostalgischen, aber viel mit handfesten Gründen zu tun. Der Obus, so
Finanzbürgermeister Bertram Schiebel, sei wesentlich leiser als
Dieselbusse, halte wirtschaftlich mit diesen Schritt, verursache keine
lokalen Emissionen und könne sogar als Marketinginstrument eingespannt
werden. Da ist was dran. Außer Solingen und Eberswalde kann nur noch
Esslingen in der Bundesrepublik mit Obussen aufwarten. Die rollenden Raritäten,
weiß SVE-Werkleiter Rudolf Obenland, zögen an technischen Besonderheiten
interessierte Besucher an. Mittlerweile denken auch andere deutsche Städte
wieder über die Einführung von Oberleitungsbussen nach. Selbst in Athen
und Salzburg sind die Stromer im Kommen.
Die "gute Infrastruktur'' (Obenland)
ist ein weiteres Argument dafür, den Obus in Esslingen laufen zu lassen.
1992 ist zu den Oberleitungen im Neckartal ein weiterer Strang bis zum
Stadtteil Zollberg gezogen worden. Eine Verlängerung bis Nellingen wäre
aus Sicht der Grünen wünschenswert. Für den Esslinger OB Jürgen Zieger
verbinden sich beim Obus "ökonomische und ökologische Vorteile''.
Neun neue Obusse - Stückpreis über eine Million Mark - sollen nach und
nach die in die Jahre gekommene Obusflotte verjüngen. Begonnen hatte die
Esslinger Obusära im Jahr 1944: damals wurden als Ersatz für die 1912
eingeführte Straßenbahn zehn Motorwagen und vier Anhänger auf die
Strecke zwischen Obertürkheim und Oberesslingen geschickt - den Zeitläufen
entsprechend mit Verdunkelungsschlitzen.
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Eßlinger
Zeitung
28.06.2000
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Enttäuschter Gemeinderat lenkt Duo-Bus auf
das Abstellgleis
Esslingen: Stadt kauft vorerst nur
noch Diesel- und Obusse - Störanfälliges Mischkonzept zu teuer - 14 neue
Fahrzeuge bis 2002
von Hermann Dorn
Der Städtische Verkehrsbetrieb korrigiert
sein Buskonzept. In den nächsten Jahren werden nur noch Diesel- und
Oberleitungsbusse gekauft. Dagegen verabschiedet sich Esslingen
schrittweise von den Fahrzeugen, die sowohl mit Krafttoff als auch mit
Strom betrieben werden können (Duo-System).
Mit der einstimmig gefällten Entscheidung
brachte der Gemeinderat am Montag ein millionenschweres
Investitionsprogramm auf den Weg. Werkleiter Rudolf Obenland rechnet bis
2002 mit 14 neuen Bussen. Damit könnte mehr als ein Drittel des aus 40
Bussen bestehenden Fuhrparks ausgemustert werden. Neben fünf Dieselbussen
(Stückpreis nach Abzug der Zuschüsse: knapp eine halbe Million Mark)
wartet er auf neun Obusse (Stückreis: mehr als 700 000 Mark). Das klare
Bekenntnis zum Obus ist
mit einem vorläufigen Schlussstrich unter das Mischkonzept der Duo-Busse
verbunden. "Diese Technik ist in hohem Maß unwirtschaftlich",
zog Finanzbürgermeister Bertram Schiebel ein ernüchterndes Fazit der
vergangenen zehn Jahre. Wegen der ständigen Störungen sei dieses System
zu teuer. In die Sackgasse fuhren die Duo-Busse außerdem, weil die
Hersteller schon bald das Interesse verloren.
Dass Lausanne und andere Städte inzwischen
auf einen neuen Typ des Duo-Busses setzen, konnte den Gemeinderat nicht
beeindrucken. Schließlich käme er mehr als doppelt so teuer wie die
jetzt gewählte Lösung. Und zum anderen legen Verkehrsbetrieb und
Gemeinderat nach den negativen Erfahrungen im Umgang mit neuen Techniken
eine gewisse Vorsicht an den Tag. Obenland versicherte allerdings
gegenüber der EZ, dass der Abschied nicht endgültig sein muss:
"Wenn sich die Hoffnungen erfüllen, die sich mit der Brennstoffzelle
verbinden, wird der Duo-Bus auch für uns wieder ein Thema." Die
Oberleitung, die Ende der 80er-Jahre auf der Strecke nach Zollberg für
den Duo-Bus installiert worden ist, bleibt für den Werkleiter auch
nach der jüngsten Weichenstellung eine sinnvolle Investition. "Wenn
die Busse nach Zollberg ausschließlich mit Strom fahren, wird die Umwelt
erheblich entlastet", argumentiert er. Außerdem zeigt ein aktueller
Vergleich zwischen Diesel- und
Obus, dass letzterer auch in wirtschaftlicher Hinsicht deutliche Vorteile
aufweist. Pro Kilometer kostet letzterer 2,75 Mark (Dieselbus: 2,90 Mark).
Außerdem verspricht der
Obus eine Nutzungsdauer von 15 Jahren (Dieselbus: acht Jahre).
Der vorläufige Abschied vom Duo-Bus
erfolgt schrittweise. "Bevor wir die letzten Modelle aus dem Verkehr
ziehen, vergehen Jahre", so Obenland. Vor allem auf der Strecke nach
Ostfildern kommen die Vorzüge dieses Systems somit noch eine Weile zum
Tragen: Bis Zollberg fahren die Busse der Linie 119 und 120 mit Strom.
Anschließend schalten sie auf Dieselbetrieb um. Im Gemeinderat
begrüßten alle
Redner die Vorlage. Während SPD und Grüne dafür warben, bei technischen
Fortschritten erneut über einen Mischbetrieb nachzudenken, legten CDU und
Freie Wähler ihr Augenmerk auf die finanzielle Lage des Verkehrsbetriebs.
Dass der
Abschluss 1998 erneut ein Defizit von neun Millionen Mark ausweist,
provozierte auf dieser Seite die Forderung nach weiteren Einsparungen.
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Eßlinger
Zeitung
09.06.2000
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Obus-Oldie wird Baubüro
ESSLINGEN: Große und kleine Köpfe planen den größten Spielplatz der Stadt
Von Claudia Bitzer
Wie wird im nächsten Jahr die grüne Wiese aussehen, die sich unterhalb des Bernhard-Denzel-Weg hinunter zieht? Wird der alte Obus mit dem Schriftzug der Eßlinger Zeitung auf dem alten
Spielgelände oder im Steilhang drunter seinen neuen Platz finden? Über diese Fragen entscheidet der Technische Ausschuss im September - aber erst in zweiter Instanz.
Denn zunächst sind die Ideen aller großen und kleinen Spielplatzplaner gefragt, bevor sie Profi-Planerin
Isabel Könekamp aufs Papier bringt und dann den Stadträten auftischt.
Foto:
Lahoti
Mit einem Spielplatzfest haben die Kinder
schon einmal die Wiese unter dem Spielplatz am Bernhard-Denzel-Weg in
Besitz genommen. Bald gehört sie fest zum Inventar
Foto: Zimmermann
Obus-Experte Ronald Kiebler freut sich mit
Sicherheit. dass das alte Gefährt mit dem Schriftzug der EZ wieder neu
genutzt wird. Auf dem Esslinger Spielplatz wird der Bus zwar nicht fahren,
aber dennoch viele Gäste haben.
Der Spielplatz am Bernhard-Denzel-Weg liegt im Zwickel zwischen dem Neubaugebiet Flandernstraße, dem
Hochschulgelände und der Grundschule St. Bernhardt. Er ist schattig, fast idyllisch - aber in die Jahre
gekommen. Jetzt soll er nicht nur ein neues Gesicht erhalten, sondern auch noch an Figur zulegen.
Denn die Wiese unterhalb des Areals wird dem Spielbereich zugeschlagen, so dass unterm Strich mit einer Gesamtfläche von 5100 Quadratmeter der größte Spielplatz der Stadt entsteht.
Grünflächenamtschef Burkhard Nolte: "Nur der Waldspielplatz am Jägerhaus ist noch größer, aber der ist so auch nicht vergleichbar."
Die Neugestaltung des Spielplatzes ist eines der ersten großen Projekte im Zuge der Lokalen Agenda, bei
dem die Bürger vom Anfang bis zum Ende, das heißt von der Planung bis hin zur Ausführung mit einbezogen werden.
Foto:
Bulgrin
Hoffen auf viele Spielplatzplaner (von
links): Architektin Isabel Könekamp, Bernd Junge vom Grünflächenamt,
Gemeinwesenarbeiter Joachim Schuch sowie Reinhold Keim und Burkhard Nolte
vom Grünflächenamt
Bernd Junge vom Grünflächenamt, Garten- und Landschaftsarchitektin Isabel Könekamp und
Gemeinwesenarbeiter Joachim Schuch haben dafür schon kräftig die Werbetrommel gerührt. Festgeklopft sind nur
zwei Dinge. Erstens: Es soll ein naturnaher Spielplatz werden, in dem man unterschiedliche Materialien
ausprobieren kann und der im positiven Sinne nie fertig wird. Also ein Platz, auf dem auch nach Ende der
Bauzeit gebuddelt und gewerkelt werden kann. Zweitens: Die künftig doppelt so große Fläche soll
"generationenübergreifend" genutzt werden. Das heißt: Der Platz soll nicht nur für Kinder, sondern auch für
Jugendliche und Eltern zur attraktiven Anlauf- und Kommunikationsstelle werden.
Wobei es Gemeinwesenarbeiter Schuch wichtig ist, dass die neu Zugezogenen so auch in die umliegenden Wohnquartiere mit eingebunden werden. Wie das alles konkret aussehen soll, können Groß und Klein mit bestimmen. Auf dem Spielplatzfest am vergangenen Wochenende haben die Verantwortlichen bereits Spielplatzplaner angeworben: Doch weitere sind durchaus erwünscht.
In vier Arbeitsgruppen, darunter zwei ganztägigen Zukunftswerkstätten, können Groß und Klein ihre Kritik
an den Mann bringen, Utopien entwickeln und ihren Wunsch auf Papier bringen oder zu einem Modell
verarbeiten. Bis zum 20. Juli müssen die Phantasien jedenfalls eine gegenständliche Form angenommen
haben - denn dann werden sie in einer Ausstellung der Kreissparkasse-Filiale in Hohenkreuz ausgestellt.
Über die Sommerferien wird Könekamp die Pläne vorlagereif machen. Und wenn der Technische Ausschuss sie im Herbst absegnet, geht es vielleicht noch in diesem Jahr, spätestens aber im nächsten Frühjahr an die
Gestaltung der grünen Wiese.
200 000 Mark sind im laufenden Haushalt für die Planung des Gesamtareals
und den ersten Bauabschnitt bereit gestellt. Und auch in der Realisierungsphase ist Hand anlegen durchaus
erwünscht. Durch den Bericht in der EZ war Bernd Junge auf den alten Obus mit dem Schriftzug der Eßlinger Zeitung aufmerksam geworden, der bislang auf dem Reichenbacher Schrottplatz ein trauriges Dasein fristete. Der wird jetzt nach Esslingen verfrachtet und voraussichtlich unter Mithilfe des BAZ zum Baubüro, später zum
Kinder- und Jugendtreff aufgemöbelt. Die EZ greift beim Bus-Transfer finanziell mit unter die Arme.
Wer noch mit im Bus sitzen, planen und bauen will, kann sich an Joachim Schuch, Gemeinwesenentwicklung ES-Nord, Flandernstraße 49, 73732 Esslingen,
Tel. 93 78 88 22 wenden.
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Eßlinger
Zeitung
26.05.2000
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Bericht über die
Fahrplanänderungen ab 28.05.2000
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Eßlinger
Zeitung
12.05.2000
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Der Engländer, der auf den Schrottplatz
kam ...
Reichenbach: ... und einen Esslinger
Obus auf die Insel bringen ließ - Vier weitere Raritäten gammeln dort
noch vor sich hin
Von Regina Schultze
Für den Laien sind es Schrottböcke, für
den Kenner wahre Juwelen: Aus den 50er-Jahren stammen die
Oberleitungsbusse, die in Esslingen die Fahrgäste kutschierten und seit
mehr als 20 Jahren auf dem Reichenbacher Schrottplatz vor sich hingammeln.
Spinnweben und altes Laub zieren die Treppen, Moos überwuchert die
Außenhaut, Scheinwerfer und Scheiben fehlen. Trotzdem zahlte der
Engländer Jonathan Ward jetzt 6000 Mark, um Anfang Mai ein Exemplar von
1955 in seine Heimat zu überführen.

Der Schriftzug der Eßlinger
Zeitung ist trotz Moos und Dreck noch sehr gut zu lesen auf dem 45 Jahre
alten Obus. Seit 1980 steht er auf dem Schrottplatz, erzählt Ronald
Kiebler (Foto), Er wünscht sich, dass jemand das Fahrzeug der
Waggonfabrik Uerdingen und der Elektrik von BBC wieder aufpoliert.
(Foto: Zimmermann)
"Der war nicht ganz so vergammelt wie
der hier", zeigt Thomas Schmid, Junior-Chef des Schrottbetriebs, auf
ein anderes der jetzt noch vier Modelle auf seinem Platz. Seit neun Jahren
kommt der 51-jährige Brite mit der Leidenschaft für Obusse immer wieder
zu Besuch. In der schwäbischen Fundgrube besorgt er Ersatzteile für
seine acht Kostbarkeiten. Sechs davon sind fahrtüchtig, zwei weitere
sowie seine neueste Errungenschaft dienen als Ersatzteilspender.
Die markanten Busse, die mit Strom
betrieben werden, sind auch das Hobby von Ronald Kiebler. Der 33-jährige
Elektroingenieur hat aber den Vorteil einer kürzeren Anreise: Er wohnt im
Baltmannsweiler Ortsteil Hohengehren. Als Zehnjähriger hatte ihn die
Leidenschaft für das Transportmittel gepackt, mit dem er täglich von
Mettingen ins Esslinger Schelztorgymnasium fuhr: "Mir war sofort
klar, dass das was Besonderes war." Seit 1944 waren die Gefährte mit
den sechs Meter langen Stangen auf dem Dach zwischen Obertürkheim und
Oberesslingen unterwegs - und sie sind es bis heute.
Inzwischen ist die Antriebsart selten
geworden: Gerade mal in drei Städten Deutschlands gehören die moderneren
Varianten noch zum Straßenbild: in Esslingen, Solingen und Eberswalde.
Ansonsten wurden die abgasfreien Fahrzeuge durch Sprit fressende Kollegen
ersetzt. Die Neckarstadt schwamm dem Trend entgegen: Esslingen nahm 1990
eine zweite Strecke in Betrieb, diesmal mit Duo-Bussen. Das heißt, den
Zollberg geht es per langer Leitung hoch, für die Strecken nach Neuhausen
und Denkendorf wird dann auf Dieselbetrieb umgestellt. 20 Millionen Mark
investierte die Stadt damals.
Zu jedem alten und neuen Fahrzeug kann
Ronald Kiebler Etliches erzählen. "Ich habe jahrelang recherchiert,
um eine Fahrzeugliste zu erstellen." Er kennt nicht nur Baujahr,
technische Details, Einsatzzeit und Kennzeichen, sondern sogar die
Reklameschriftzüge, die den jeweiligen Bus zier(t)en und so manche
Anekdote. Seine Kenntnisse teilt er weltweit mit: Per Internet hält er
Kontakt zu Obus- und Trolleybus-Fans, wie die Fahrzeuge auf englisch
heißen. "Mindestens eine Stunde" sitzt das Mitglied des
deutschen und englischen Vereins abends vor dem Bildschirm, um sich mit
den Kollegen aus Berlin, Hamburg oder Rüsselsheim auszutauschen. Seine
eigene Homepage ist unter http://www.s-line.de/homepages/obus_esslingen zu
erreichen.
Trotz des regen Schriftwechsels hat noch
niemand Interesse gezeigt, die vier Fossile aus Reichenbach zu retten.
"Das wird auch ganz schön teuer", meint Ronald Kiebler.
"Vielleicht will jemand einen Bus als Gartenhäuschen haben?"
hofft er. Die Zeit drängt: "Dem Abfallwirtschaftsbetrieb des
Landratsamtes sind sie ein Dorn im Auge - wenn sie nächstes Jahr noch
hier stehen, wird's wohl Ärger geben", sagt Thomas Schmid. Findet
sich kein Liebhaber, werden die Relikte verschrottet. "Wir würden
auf jeden Fall beim Herrichten helfen", versucht Kiebler mögliche
Interessenten zu ermuntern. "Die sehen zwar ein bissle lädiert aus,
aber die Substanz ist einwandfrei."

Ein Exemplar von 1952 nach der
Schönheitskur: Der Engländer Jonathan Ward (rechts neben dem Bus im
Pullunder) besitzt neun Obusse aus Deutschland, sechs davon sind
fahrtüchtig. (Foto: Kiebler)
"Busse am Seil erhalten"
Die Freunde der Obusse und Duo-Busse sind
besorgt: Sie fürchten, dass die Stadt Esslingen die umweltfreundliche
Technik aufgeben will - auch wenn OB Zieger Ende Februar bekundet hat, er
halte am Obus fest. Aber CDU und freie Wähler im Esslinger Gemeinderat
setzen seit geraumer Zeit ein Fragezeichen hinter die Gefährte. Und:
"Zwei Diesel-Gelenkbusse hat die Stadt in diesem Jahr schon
gekauft", hat Ronald Kiebler mit Argwohn beobachtet. Nach und nach
würden sie eingesetzt, vermutet er, "und irgendwann gibt es dann
einfach keine Obusse mehr". Das Aus für die Gefährte, die sich in
die Oberleitungen klinken, hielte Kiebler aber für falsch: "Das
wäre ein Rückschritt, den man sich heute nicht mehr erlauben kann."
Schließlich bringe der Obus am Berg eine viel bessere Leistung, sei
erheblich leiser und abgasfrei. Jedes mit Sprit betriebene Fahrzeug, das
man aus der Stadt heraushalten könne, sei zudem von Vorteil. Ganz zu
schweigen von der Möglichkeit, Esslingen mit den markanten Bussen gut zu
vermarkten: Nur noch in Solingen und Eberswalde kann man das Fahrgefühl
am Drahtseil erleben. In Solingen sorgten übrigens erst massive Proteste
dafür, dass der Obus-Betrieb gesichert wurde, so Kiebler.
Wir danken der EZ und
insbesondere Regina Schultze für die ausführliche Darstellung der
Themen, die uns zu diesem Beitrag motivierten.
Ronald Kiebler, Sven
Peters
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Eßlinger
Zeitung
(Auszüge)
11.04.2000
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Duo-Bus
326
Foto: Lahoti |
Schleife für die Omnibusse soll die
Unfallserie stoppen
Haltestelle rückt von der Rampe der
Vogelsangbrücke in die Neckarstraße - Bürgerausschüsse kritisieren
längere Fahrzeiten
Ohnmächtig mußte Götz-Eberhard Barth
jahrelang zuschauen, wie Passanten am Ende der Fußgängerzone Pliensau
immer wieder vor die Autos liefen. Jetzt wächst die Zuversicht des
städtischen Verkehrsplaners. Denn das Rathaus schickt sich an, den
Unfallschwerpunkt Nummer eins zu entschärfen. Trotzdem muß sich Barth
auch kritische Fragen gefallen lassen.
... "Wir verzichten auf diese
Haltestelle", kündigte Barth auf Anfrage an. Voraussichtlich im
nächsten Jahr fahren alle Busse, die vom Bahnhof aus die Neckarseite
wechseln, eine Schleife und biegen an der Maillekreuzung auf die
Vogelsangbrücke ab. ...
... Damit entspreche die Linie exakt der
Route, die für die Busse aus der Gegenrichtung gilt. Verwirklichen wollen
die Stadtplaner diese Korrektur, wenn der Verkehr im nächsten Jahr über
die neue Trasse der Ulmer Straße rollt. "Dann geht es auf der
Neckarstraße im Bereich des neuen Parkhauses sehr ruhig zu", sagt
Barth voraus. Sein Plan: Die Haltestellen für die Linien 102, 105, 119
und 120 rücken in diesen Abschnitt. ...
... Auf der anderen Seite des Neckars
stößt diese Absicht allerdings auf Skepsis. Dass sich die Fahrzeiten
durch den Schlenker um einige Minuten verlängern, halten die Vorsitzenden
der betroffenen Bürgerausschüsse für einen Rückschritt. ...
... "Bisher erreichen die
bevorrechtigten Busse die Vogelsangbrücke ohne Zeitverlust", gibt
Brotzer (Bürgerausschuss Zollberg) zu bedenken. Busspuren an der
Maille-Kreuzung kann er sich dagegen nicht vorstellen. ...
... "Wer am Bahnhof in den Bus
einsteigt, will so schnell wie möglich auf die andere Neckarseite."
Ein Umweg sei nicht geeignet, die Attraktivität des öffentlichen
Nahverkehrs zu erhöhen. ...
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Mitteilungen
der Esslinger Stadtteile
09.03.00
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Schwetzinger Gäste informierten sich über Esslinger Obusbetrieb
Am 3. März besuchte eine Delegation aus Schwetzingen die Stadt Esslingen
am Neckar, um sich über den Obusbetrieb im Esslinger Verkehrsverbund zu
informieren. Hintergrund des Informationsbesuches sind Pläne im
Rhein-Neckar-Dreieck bzw. in Heidelberg-Schwetzingen-Speyer, dort mit
erheblichem finanziellen Einsatz eine Verkehrsinfrastruktur für den Obus
zu schaffen. Die 15 Teilnehmer/innen umfassende Delegation aus
Kommunalpolitik, aus Verkehrsbetrieben. Wirtschaftsunternehmen und aus
Stadtverwaltungen wurde vom Sprecher der GAL-Liste im Schwetzinger
Stadtrat, Ralf Klefenz, geleitet. Esslingens Finanzbürgermeister Bertram
Schiebel und SVE-Werkleiter Rudolf Obenland hatten die Gäste am Esslinger
Bahnhof begrüßt. Danach stand eine Rundfahrt mit dem Obus und Besuche
der
Werkstatt, des Betriebshofes und des Fahrzeugparks des Städtischen
Verkehrsbetriebes auf dem Programm.
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Eßlinger
Zeitung
18.02.2000
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Druck auf den Verkehrsbetrieb wird stärker
ESSLINGEN: Finanzbürgermeister Schiebel moniert "Behäbigkeit" - Gutachten soll in diesem Jahr die Wirtschaftlichkeit der Linien klären
Von Hagen Stegmüller
"Die Sünden der Vergangenheit" machen Bertram Schiebel das Leben schwer. Obwohl 1999 die
Fahrgastzahlen in den Esslinger Bussen
um zirka zwei Prozent gestiegen sind, plagt den Finanzbürgermeister
immer noch das Defizit des Städtischen Verkehrsbetriebs (SVE) von
acht Millionen Mark.
Positives vermeldet der Verkehrsund Tarifverbund Stuttgart (VVS):
In der Landeshauptstadt und den vier angrenzenden Landkreisen
wurden im vergangenen Jahr 287,1 Millionen Fahrten mit Bussen und
Bahnen registriert. Das waren 5,6 Millionen Fahrgäste mehr als 1998.
Für das Esslinger Busnetz taugen diese Zahlen aber nur bedingt. Eine
Untersuchung soll in diesem Jahr Aufschluss über die Wirtschaftlich-
keit der 20 Buslinien geben.
Der im Rathaus für den öffentlichen Nahverkehr zuständige Schiebel
hat sich schon vorab Gedanken gemacht: "Ich wünsche mir verlässliche Taktzeiten zu jeder viertel oder halben Stunde." Den "nach
Stuttgart am besten" ausgebauten Stadtverkehr in der Region" lässt sich
Schiebel einiges kosten. Statt acht sollen es künftig aber nur noch
sechs Millionen Mark sein, die der Esslinger Kassenwart dem SVE sowie den privaten Busfirmen Fischle, Schlienz und Schefenacker
zuschießt. Nachdem Fischle bereits im Dezember Zugeständnisse machte, wird derzeit mit Schlienz verhandelt. Sicher ist schon jetzt: Die private Busfirma wird sich aus dem Steuergeltopf nicht mehr so üppig wie bisher bedienen können.
Der Städtische Verkehrsbetrieb zeichnet sich indes durch einen überalterten Fuhrpark aus.
"Er ist kurz vor dem Kippen", klagt SVE-Chef Rudolf Obenland. Der Finanzbürgermeister glaubt den Grund zu
kennen: "Wenn man jahrelang von Subventionen lebt, stellt sich eine
gewisse Behäbigkeit ein." Daher hat Schiebel neben den Privaten
auch den SVE unter Beschuss genommen: "Ich werde Druck ausüben, dass dort betriebswirtschaftlich gerechnet wird. "
Weil Investitionen vernachlässigt worden seien, müsse man heute
"enorm hohe Aufwendungen für Reparaturen" tragen. Bis zu zwölf
Jahre haben einige der 40 Busse schon auf dem Buckel und damit die
Abschreibungsdauer von acht Jahren und 400 000 Kilometern weit
überschritten. Nach Schiebels Vorstellungen sollen zu den zwei in der
vergangenen Woche in Betrieb genommenen Niederflurbussen im
Lauf des Jahres drei weitere hinzukommen.
Unterdessen hat der VVS etwas Neues ausgeheckt. "Wir wollen
spätestens bis zum Herbst in Esslingen ein Nachtbusnetz aufbauen", verkündet Sprecher Wilfried Vilz. Die Begeisterung darüber hält sich bei
Schiebel arg in Grenzen: "Einerseits will uns der VVS ständig schröpfen,
andererseits werden Linien aufgebaut, die aller Voraussicht nach rote
Zahlen schreiben." Die "Abstimmung mit den Füßen" werde wie
beim Sammel-Taxi (Start Mitte März) zeigen, ob ein Busverkehr
nach 23.30 Uhr noch Sinn macht.
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Eßlinger
Zeitung
10.02.2000
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Zur Indienststellung der zwei neuen Citaro G schrieb die EZ:
Verkehrsbetrieb schafft erste Niederflurbusse an -
Offensive für kundenfreundlichen Fuhrpark - Zieger hält am O-Bus fest
Bequemer geht's kaum:
Pünktlich hält an der Rampe zur Vogelsangbrücke ein nagelneuer Bus.
Der Fahrer öffnet drei Türen. Neben einigen älteren Fahrgästen
gelangt auch eine junge Mutter mit ihrem Kinderwagen problemlos in den Niederflurbus, der einen fast
ebenerdigen Einstieg erlaubt.
Selbst für den Fall, dass das Fahrzeug nicht direkt an einem Bordstein anhält, haben die Konstrukteure vorgesorgt. Die rechte Seite
lässt sich dann um einige Zentimeter senken. Rollstuhlfahrer kommen
ebenso zu ihrem Recht. Sie gelangen über eine Rampe in den Bus,
der genügend Stauraum bietet. Besserer Service, so lautet ein weiteres
Stichwort. Anzeigen informieren Fahrgäste über die nächste Haltestelle. Und die 50 Sitze kommen
ohne störende Unterbauten aus.
Lange Zeit zögerte der Esslinger Gemeinderat, wenn es darum ging,
für den Städtischen Verkehrsbetrieb neue Fahrzeuge anzuschaffen.
Zuletzt gönnte man sich vor zwei Jahren einen Griff in die Kasse.
Jetzt will das Rathaus kräftig auf das Gas drücken. Die neuen Gelenkbusse, die seit einigen Tagen auf die Esslinger Strecken geschickt werden sollen keine Eintagsfliegen
bleiben. "Wir schaffen zwei bis fünf Busse pro Jahr an", versprach gestern Oberbürgermeister Jürgen
Zieger, als er die neuen Errungenschaften der Presse vorstellte. Der Stückpreis beläuft sich auf 600 000 Mark.
Berücksichtigt man die Zuschüsse, dann bleiben an der Stadt knapp 380 000 Mark hängen.
40 Fahrzeuge mit drei Antriebstechniken (Diesel-, O-Busse sowie Duo-Busse) nennt der Verkehrsbetrieb sein eigen. Viele davon sind
längst abgeschrieben. So haben die Typen, die nach der jüngsten Anschaffung ausgemustert werden,
zehn, elf Jahre auf dem Buckel. Als Auslaufmodelle stuft Zieger bereits die Duo-Busse ein, die Anfang
der 90er Jahre mit vielen Vorschußlorbeeren in Dienst genommen worden sind. Der Oberbürgermeister zeigt sich ernüchtert. Die Busse, die sowohl mit Diesel als
auch per Oberleitung mit Strom betrieben werden können, erweisen sich als kostspieliges und zugleich
störanfälliges Unterfangen. Der Wunsch, je nach den Bedingungen die Energieart
wechseln zu können, führte damit in die Sackgasse. Während CDU und Freie Wähler
schon seit geraumer Zeit hinter die ausschließlich mit Strom gespeisten O-Busse ein Fragezeichen setzen,
brach Zieger für diese Technik gestern eine Lanze. Geht es nach ihm, dann fahren zwischen
Oberesslingen und Obertürkheim sowie zwischen dem Bahnhof und dem Stadtteil Zollberg noch auf lange Sicht
die O-Busse: "Diese Technik ist unabhängig von den ökologischen Vorteilen betriebswirtschaftlich sinnvoll." Er will das bisherige
Einsatzgebiet des Dieselbusses nur auf eine zusätzliche Linie ausweiten: Auf der Strecke
119 nach
Denkendorf, die nur bis zum Stadtteil Zollberg mit einer Oberleitung versehen
ist und vorerst noch mit dem Duo-Bus bedient wird. Ob der Gemeinderat diese Entscheidung für zwei
Techniken mitträgt, ist noch offen.
Bessere Zeiten stehen den Fahrgästen nicht nur auf Linien des Städtischen Verkehrsbetriebs bevor. Auch die privaten Busfirmen
müssen handeln. Sie werden in diesen Monaten vertraglich verpflichtet,
nach einer Übergangsfrist im Linienverkehr auf Reisebusse zu verzichten.
Damit bleibt Fahrgästen, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind, mancher Ärger erspart.
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Eßlinger
Zeitung
30.12.1999
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Im Rahmen eines alphabetischen Jahresrückblicks schrieb die EZ:
"O wie O-Bus. Ein Aufschrei ging durch unsere Leserbriefspalten,
als Gedankenspiele im Rathaus bekannt wurden, den O-Bus
dem Rotstift zu opfern. Was aus solchen verwerflichen Ideen wird,
wird sich noch zeigen."
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