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Der BBC-Feinstufer FS10
Bilder 1, 2 und 3: Der BBC-Feinstufer FS 10, Ansicht von hinten, vorne (Bugseite) und von unten (Kollektoren und Widerstände)
Der BBC-Feinstufer wurde in verschiedenen Ausführungen von 1935 bis 1960 gefertigt und war aufgrund seiner kompakten Bauweise und seiner Robustheit bei den Obusbetrieben sehr beliebt. Außerdem entsprach er der Funktionsweise einfacher Straßenbahn-Fahrschalter, so dass das Werkstattpersonal - welches in vielen Städten vor der Umstellung auf Obus-Betrieb Straßenbahnen wartete - schnell damit zurecht kam. Steuerung, Richtungswender, Wirbelstrombremse der Betätigung und Widerstände waren in einem Aufbau vereint und wogen ca. 195 kg. In Esslingen waren die MAN-Obusse von 1944 mit dem FS10 und die ÜHIIIs-Obusse mit dem FS10w2.4 ausgerüstet. Einer der letzten FS10w2.4 (1959) war in dem HS160OSL Nr. 23 enthalten, der 1971 aus Baden-Baden übernommen wurde. Der BBC-Feinstufer war ein direkt betätigter vielstufiger Fahrschalter, der beim Anfahren mit zwei Hüben geschaltet werden musste: im ersten Pedalhub waren die Wicklungssysteme des Doppelkollektor-Fahrmotors in Reihe, im zweiten Hub parallel geschaltet. In Endstellung des Pedals wurde der Motor im Feldschwächbereich gefahren. Mit zunehmender Verkehrsdichte wurde diese - mit viel Fußarbeit verbundene - Steuerung verständlicherweise als nachteilig empfunden. Obus 23 war bei den Fahrern besonders unbeliebt, da er eine sehr schwergängige Ausführung des Feinstufers besaß. Auch die in Fahrernähe anfallende Hitze der Widerstände sorgte für Unmut. Ab 1960 wurde deshalb bei Neuanschaffungen der elektropneumatischen Schützensteuerung mit indirekt arbeitendem Steuerschalter von Kiepe der Vorzug gegeben.
Bild 4: Wartung der BBC-Obusfahrschalter in der SVE-Werkstatt (1957) Foto: SVE
Funktionsweise: Der Fahrschalter besteht aus einem Schaltkasten mit Nockenschaltelementen und Richtungswender, der Wirbelstrombremse für die Fahrschalterbetätigung und den Schiebe-Widerständen, die durch Schleifkontakte (Kollektoren) feinstufig kurzgeschlossen werden können. Die Schleifkontakte und die Nockenwelle werden durch Rückholvorrichtungen in der Nullstellung gehalten. Die Betätigung erfolgt unmittelbar durch das links von der Lenksäule angeordnete Fahr- bzw. rechtsseitig angeordnete Bremspedal. Durch Niedertreten des Fahrpedals kann mit Hilfe einer Fortschaltklinke die Nockenwelle in die verschiedenen Fahrstellungen gedreht werden. Das Bremspedal gibt beim Niedertreten die Nockenwelle frei, so dass sich diese über die Nullstellung hinaus bis in die Bremsstellung drehen kann. Der Richtungswender wird über einen Handgriff betätigt. Er kann nur dann umgestellt werden, wenn sich beide Pedale in Nullstellung befinden. Der Griff des Richtungswenders kann nur in Mittelstellung (Nullstellung) abgezogen werden. Das Fahrpedal ist in dieser Stellung verriegelt. Beim Niedertreten des Fahrpedals sind die beiden Motorwicklungen mit vorgeschalteten Schiebewiderständen in Reihe geschaltet. Beim Weitertreten werden die Widerstände feinstufig abgeschaltet. Die motorstromabhängige Wirbelstrombremse verhindert ein zu schnelles Durchschalten. Kurz vor der Endstellung des Fahrpedals (federnder Anschlag) sind die Widerstände abgeschaltet, d. h. die jeweils in Reihe geschalteten Feld- und Ankerwicklungen sind direkt an Fahrdrahtspannung geschaltet. Wird das Fahrpedal vor Erreichen der Endstellung wieder zurückbewegt, so werden die Widerstände allmählich wieder zugeschaltet. Wird jedoch bis zum Anschlag durchgedrückt, wird das Brückenelement (Bild 5, Schalter 2) geschlossen und das Serienelement (Bild 5, Schalter 1) geöffnet. In dieser Stellung wird die Schaltwalze durch eine Halteklinke festgehalten. Beim Zurücknehmen des Fahrpedals bleiben die Widerstände kurzgeschlossen. Bewegt man das Fahrpedal in die Ausgangsstellung zurück wird die Verklinkung gelöst und der Fahrstrom abgeschaltet. Bewegt man es jedoch nur bis zur spürbaren Raste zurück und tritt dann zum zweiten mal durch, nimmt die Fortschaltklinke die Nockenwelle weiter mit. Dadurch werden die Motor-Wicklungssysteme mit allen Vorwiderständen parallel geschaltet. Anschließend werden die Widerstände wiederum feinstufig abgeschaltet, bis die Wicklungen (Feldwicklung immer in Reihe zur Ankerwicklung) an Fahrdrahtspannung liegen. In der Fahrpedal-Endstellung erfolgt eine einstufige Feldschwächung mittels eines zugeschalteten Shunts. Bewegt man das Pedal wieder zurück, wird wieder volles Feld aufgebaut, und die Widerstände werden wieder zugeschaltet. Kurz vor der Ruhelage des Pedals wird die Nockenwelle ausgeklinkt und der Fahrstrom abgeschaltet. Beim (selbsterregten) Bremsen werden die Motorwicklungen parallel geschaltet und die Feldwicklungen umgepolt. Der Motorstrom wird über die Feinwiderstände und einen Festwiderstand kurzgeschlossen. Bei weiterem Durchtreten des Bremspedals werden die Widerstände feinstufig abgeschaltet. Auch beim Bremsen verhindert die einstellbare Wirbelstrombremse des Fahrschalters durch Hemmung der Nockenwelle und der Schleifer das Auftreten zu hoher Momente. Unabhängig vom Fahrschalter kann das Bremspedal ganz durchgetreten werden und damit die größtmögliche Verzögerung mit Hilfe der Druckluftbremse erreicht werden. Zur BBC-Ausrüstung gehörte auch der Höchststromschalter der gewöhnlich in der Zwischendecke über dem Fahrerplatz eingebaut wurde. Er unterbrach beidpolig den Fahrstromkreis, sobald der zulässige eingestellte Strom überschritten wurde. Die Schalter hatten Freiauslösung, d. h. sie schalteten selbsttätig sofort wieder aus, wenn auf einen bestehenden Kurzschluss geschaltet wurde, selbst dann, wenn man den Griff in der Einschaltlage festhielt. Bei den späteren Ausrüstungen (z. B. bei Obus 23) wurde ein ferngesteuerter Überstromschalter eingebaut, der durch seine größere Entfernung zur Einspeisung allerdings zusätzliche Schmelzsicherungen im Hauptstromkreis erforderte. (Text teilweise entnommen aus "Die BBC-Ausrüstung für Obusse" April 1951)
Bild 5: Abwicklung und Schaltfolge vom Feinstufer und Doppelkommutatormotor (SSB-Archiv)
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